Zentrum für Chemie Hessens Nachwuchs forscht zur Energiewende / Junge Forscher präsentieren Ergebnisse vor 150 Zuschauern
Schüler brennen für Wasserstoff-Technik
Bundesumweltministerin Svenja Schulze macht sich für einen raschen Einstieg in die Wasserstoff-Wirtschaft stark. In Berlin wetteifern in diesen Tagen gleich mehrere Ministerien darum, wie Wasserstoff im Verkehr und anderen Technologiebereichen eine zentrale Rolle spielen kann. Neben dem Wirtschaftsministerium wollen auch das Verkehrsministerium und das Forschungsministerium nicht hintanstehen, wenn es um die im Vergleich zur Batterie sehr viel sauberere und effektivere Wasserstofftechnologie geht.
In Bensheim und Rüsselsheim haben sich jetzt 16 leistungsstarke Oberstufenschüler aus ganz Hessen mit dem Komplex beschäftigt. Neben drei Tagen Forschung im Labor der Hochschule Rhein-Main haben sich die jeweils acht Schüler auch beim Energiedienstleister GGEW AG umgesehen. Die Abschlusspräsentation fand am Freitag in der Geschwister-Scholl-Schule statt.
Kollektives Plädoyer
Das war wirklich ein „Friday for Future“ – in diesem Fall nicht auf der Straße, sondern in der Schule, und zwar nach offiziellem Unterrichtsschluss. Die Präsentationen der vier Schülerteams waren ein kollektives Plädoyer für eine intelligente Energiewende auf der Basis innovativer Technologien. Fazit: Beim Umbau der Energiewirtschaft kommt man an Wasserstoff als Speicher und Treibstoff kaum vorbei.
Zum 29. Mal hatte das Zentrum für Chemie (ZFC) mit Sitz in Bensheim den naturwissenschaftlich interessierten Nachwuchs eingeladen, um sich im Dialog mit Wirtschaft und Wissenschaft mit einem brandaktuellen Zukunftsthema zu beschäftigen: Elektromobilität und Brennstoffzellen. Denn Wasserstoff ist im Kontext von Energiewende und Klimaschutz längst auch zu einem politischen Element geworden. Die Bundesregierung steht vor wegweisenden Entscheidungen. Die Jungforscher hatten also ein echtes Zukunftsthema auf dem Schirm.
Bei der Abschlussveranstaltung im Forum der kooperativen Gesamtschule präsentierten die Jugendlichen vor rund 150 Zuschauern ihre Forschungsergebnisse. Und das so eloquent, fundiert und plastisch, dass auch die Experten Beifall klatschten. „Ihr habt ein sehr komplexes Thema souverän erläutert“, kommentierte Karsten McGovern.
Der Leiter der Landesenergieagentur Hessen war vom Forschergeist der jungen Generation ebenso begeistert wie alle Schüler, Eltern und Lehrer, die zum Finale an die Bergstraße gekommen waren. Im Namen der Schulleitung begrüßte Thomas Stricker die Gäste: „Wir sind stolz, eine so hochklassige Veranstaltung unterstützen zu können.“
Die Experten haben die Zeichen der Zeit schon lange erkannt. Man müsse die Vorbehalte in der Bevölkerung zum Thema Wasserstoff abbauen, so Matthias Werner vom Wasserstofflabor der Hochschule RheinMain, wo die Schüler drei Tage lang im Fachbereich Ingenieurwissenschaften unter der Leitung von Birgit Scheppat geforscht und eigene Lösungsansätze entwickelt hatten. „Das Erfinderlabor hilft dabei.“
In den Labors forschten die Schüler – alle kurz vor dem Abitur – über die Eigenschaften von Wasserstoff, seine Dichte und seine physikalischen wie energetischen Eigenschaften. Werner lobte die spielerische Art, wie die Teilnehmer das Thema ausgeleuchtet haben. Es sei richtig, junge Menschen für relevante naturwissenschaftliche Fragestellungen zu begeistern und ihren Wissensdrang anzuregen. Die Hochschule ist ein langjähriger Unterstützer des Workshops unter dem Dach der Initiative „Schule 3.0“, die Zukunftstechnologien in den regulären Fachunterricht einbinden will.
73 Schulen haben sich beworben
„Lehrer müssen dabei unterstützt werden, solche Inhalte im Unterricht zu vermitteln“, betonte ZFC-Vorstand Thomas Schneidermeier. Seit 2005 wird das Erfinderlabor in enger Zusammenarbeit mit Hochschulen, Industrie und Verbänden organisiert. Im aktuellen Schuljahr haben sich fast 200 Schüler aus 73 Schulen mit gymnasialer Oberstufe für die beiden Workshops beworben, so Projektleiterin Binke Friedrich. Sie werden nach strengen Kriterien des Zentrums ausgewählt und können sich eine Woche lang in einem professionellen Umfeld mit anspruchsvollen wissenschaftlichen Themen auseinanderzusetzen. Die Nachfrage rangiert auf einem konstant hohen Niveau.
„Die Berufschancen im MINT-Umfeld sind exzellent und eröffnen durch die Energiewende neue Perspektiven“, so Schneidermeier, der in einem Schulnetzwerk Unterrichtseinheiten entwickelt hat, um gesellschaftlich relevante Themen wie die Energiewende in den Regelunterricht der MINT-Fächer zu integrieren und damit auch die berufliche Orientierung der Jugendlichen zu verbessern. Eine besondere Rolle spielen dabei ressourceneffiziente Zukunftstechnologien.
© Bergsträßer Anzeiger, Dienstag, 18.02.2020